Sonntag, 4. November 2012

Stories, made in India.

Liebe Leser,

la la la, heute wieder Sonnenschein! :-D Und weil ich hier sonst auch schon alles hatte, hat sich heute der obligate Sonnenbrand noch dazugesellt! Geht wohl nicht ohne bei mir!

Hier ein paar Erinnerungsstücke der letzten Wochen, bunt durcheinandergewürfelt, wie sie mir grad eingefallen sind, getippselt am Strand, wo ich grad dem Sonnenuntergang überm Meer entgegensehe:

Der Turbanator.
In unserer Reisegruppe, und jetzt auch noch im gleichen Hotel wie ich, hatten wir einen Deutschen dabei, der definitiv das Meiste aus seinem Trip herausgeholt hat. Gleich an den ersten Tagen hat er sich einen glitzernden, weißen Touristen-Turban gekauft und ist damit - entsprechend aufmerksamkeitserregend - durch Indien getourt. Deshalb haben wir ihm den Namen "Turbanator" verpasst. Das komplette Highlight war, als wir in Agra im Stau standen. Winken und lachen der Inder auf den diversen Gefährten da draussen war da noch harmlos, als er auch noch das Fenster weit öffnete und "Hare Krishna!" hinausschrie, lagen wir alle vor Lachen am Boden. Die Inder auch. :->

Die Shopping-Queen.
Weiters hatten wir in unserer Reisegruppe eine Kanadierin, die sich etwas - sagen wir - auffallend benahm. Gleich am ersten Abend erwischte sie zu viel Bier, ging zur Küchentür, öffnete sie, und schrie hinein: "Where is my food!!!", nur weil sie als letzte ihr Essen serviert bekam. Jetzt ist mir die Bedeutung von "fremdschämen" in jeder Facette sonnenklar.

Im weiteren Verlauf der Reise hat sie in jedem Basar geshoppt. Nicht wie unsereins, besinnt auf Gewicht und Volumen - da es ja in den Rucksack passen muss - , brachte die Shopping-Queen von Haus aus gleich einen Koffer im Koffer mit, was dann während der Reise auf eine Tasche, in die dann mehrere weitere vollgestopfte Taschen passten, erweitert wurde. Während wir unseren Rucksack alleine über Bahnhöfe schleppten, brauchte Madam natürlich Gepäckträger, und auf der Fahrt vom Flughafen Goa zum Hotel, durfte ihr Mega-Koffer sogar einen der (abgezählten) 12 Sitzplätze einnehmen, wir Menschen mussten uns halt ein bissl zusammenquetschen, damit das Gepäck der Lady Platz hatte.

Ali-Baba-Hosen.
Wir wurden schon gefragt, warum denn bitte alle Touristen diese weiten, locker mal gleich 20 kg mehr auf die Hüften zaubernden Pluster-Plump-Hosen tragen. Die Antwort ist komplett einfach - zu Hause tragen wir kurze Hosen oder kurze Röcke, was in Indien nicht angebracht ist (hier SOLLTE alles mindestens knielang sein), und das flatterweite Zeug hingegen ist so angenehm bei der Hitze!

Ich bin inzwischen übrigens auch in Besitz solcher Hosen, auch von zwei Tunikas, das ist echt sehr, sehr angenehm. Von meiner Kleidung hab ich schon einiges entsorgt, ich hatte ja nicht viel dabei, aber was ich dabei hatte, das ist nach 3 Wochen Indien schon so grauslich und dreckig (hier wäscht man mit der Hand - die Sachen werden auch in der Wäscherei nicht sauber), dass ich es gerne wegschmeiß und mir stattdessen einen schönen Seidenrock (oder zwei oder drei....) und ein paar Souvenirs mit nach Hause nehme.

Tiere.
Indien ist ein riesengroßer Tiergarten. Gut, dass ich vor Hunden keine Angst habe, die sind hier nämlich überall. Ebenso wie Kühe und Büffel. Vorgestern hat es unter meinem Balkon gegrunzt, ein Schweinderl hatte sich in den Hotelgarten verirrt. Wir haben auch Kingfisher (Eisvögel), übrigens auch Namensgeber des indischen Biers, Ratten, Mäuse, Schmetterlinge in allen Farben und Formen, viele Greifvögel, Ziegen, Schafe, Hendln gesehen. Viiiiiiel mehr als bei uns bzw. in "freier Wildbahn".

Tückisch sind die Mücken, die Krankheiten wie Dengue-Fieber oder Malaria übertragen können. Am besten hilft immer noch lange Kleidung, besonders abends, und Moskitospray sprühen, sprühen, sprühen...

Armut.
Sicher auch weil ich diesmal in einer Gruppe gereist bin und uns der Guide nicht alles gezeigt hat, und ich von Thailand auch schon einigermaßen vorbereitet war, hat mich das Thema Armut diesmal nicht so getroffen. Aber ich habe auch so genug gesehen. Und deshalb freue ich mich, wenn ich bei Schulen vorbeikomme, wo gerade unterrichtet wird, oder die Kinder in Schuluniformen heimlaufen sehe. Wollte eventuell auch ein SOS Kinderdorf besuchen, aber jetzt wo ich Zeit hätte, sind alle Kinderdörfer von Goa einfach zu weit enfernt. Der Besuch bei meiner kleinen Kambodschanerin ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben.

Kleidung.
Bei aller Armut und allem Dreck rundherum, sind das sauberste hier - die Menschen selbst. Sie kommen immer sauber und adrett daher, sei die Kleidung auch schon 10 x geflickt. In Udaipur haben wir die Menschen (mit einem Auge) beim Waschen im See beobachtet. Sie waschen sich selbst und ihre Kleidung im See, an Flüssen, in Wassertanks (die auch einfach mal so am Rande eines vielbefahrenen Highways stehen).

Tradition und Varanasi.
Varanasi hätte ich wirklich gerne gesehen, aber es war bei meiner Tour nicht dabei und jetzt ist es zu weit weg. Das (ideale) Leben der Inder von 84 Jahren teilt sich in vier Viertel: Bis 21 Jahre aufwachsen, lernen. Bis 42 Jahre heiraten, Kinder, Haus/Firma aufbauen (wobei es in der Praxis so ist, dass man mit 26 schon schief angeschaut wird, wenn man noch nicht verheiratet ist; und grad hier in ländlicheren Gegenden ist es Gang und Gäbe, dass die Eltern den Ehepartner aussuchen). Bis 63 das ganze stabilisieren und für die nächste Generation bereit machen. Ab 64 spirituelle Erfüllung finden. Ja und mit 84 Jahren, sollte der letzte Weg theoretisch für jeden in die heilige Stadt Varanasi führen. Jeder sollte sich selbst um seinen Scheiterhaufen kümmern, um dann dort nach dem Tod seinen ausgedienten Leib verbrennen zu lassen. Die Überreste werden im Ganges entsorgt. Pikante Details aus Erzählungen von Leuten, die dort waren, lass ich an dieser Stelle aus.

Heirat.
Ich traute meinen Augen nicht, als ich heute die Zeitung gelesen habe. Es gibt einen Teil mit Heiratsanzeigen, aber nicht wie bei uns: Hier schalten zum Großteil die ELTERN die Anzeigen. Am meisten musste ich über eine Anzeige lachen, wo die Eltern nicht nur den Lebenslauf, sondern gleich auch gesundheitliche Daten sowie das Horoskop (Geburtstatum) wissen wollten!

Generell ist es wohl so, dass beim Großteil der Jugendlichen nach wie vor die Eltern die Ehepartner aussuchen. Ein Mädl von hier, ca. 18, hat uns erzählt dass sie einen Freund hat, ihre Eltern das aber nicht wissen dürfen, weil sie die Wahl treffen (werden).

Silent Noise-Partys.
Hier in Goa gibt es am Strad ein striktes Bebauungs-Verbot - es gibt also keine Betonbauten direkt am Strand, was ich seeeehr positiv finde - sondern nur Bambus- bzw. Holzbauten. Ähnlich streng sind die Lärmvorschriften, kein Lärm nach 22 Uhr. Die geschäftstüchtigen Inder haben sich da natürlich was einfallen lassen: Es gibt hier Kopfhörerpartys. Jeder kriegt einen Kopfhörer, wo er unter ein paar Musikstilen wählen kann, zwei bis drei DJs machen Live-Musik. Dann tanzt man mit diesem Kopfhörer durch die Gegend, wie wenn man auf einer ganz normalen Party wäre. Die Licht-Effekte sind auf die Musik abgestimmt. :-> Stell ich mir lustig vor. Gestern war so eine Party, leider konnten wir nicht spechteln, weil das Gelände - wohl genau wegen Leuten wie uns :-> - mit Sichtschutz versehen war. Sieht sicher lustig aus, wenn sich eine Menge ohne hörbarer Musik bewegt!

Morgen reisen die letzten beiden aus meiner Reisegruppe ab. Ich halte dann hier allein die Stellung. Einer Australierin aus unserer Gruppe haben sie am Flughafen den Pass und Bargeld gestohlen - im Pass war auch das indische Visum drin - jetzt kann sie nicht ausreisen und sitzt seit Tagen in Mumbai fest, bis sie ihr Visum neu ausgestellt bekommt, die Arme.

LG
Kathi

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